Rettig kritisiert FIFA-Friedenspreis: Sport wird zu sehr glorifiziert
Der DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig bewertet die Vergabe des sogenannten Friedenspreises durch den Weltfußballverband FIFA als problematisch. "Aus meiner Sicht eignen sich Fußballveranstaltungen grundsätzlich nicht optimal dafür, derartige Auszeichnungen zu vergeben", erklärte der 62-Jährige gegenüber der Fachzeitschrift kicker. Dies geschah nach der Übergabe des neu eingeführten Preises an den US-Präsidenten Donald Trump durch FIFA-Präsident Gianni Infantino während der WM-Losziehung.
Menschen aus dem Fußballbereich hätten die Tendenz, "den Sport gelegentlich zu überschätzen", betonte Rettig nach der Feier am Freitagabend in Washington: "Echte Fortschritte in Bereichen wie Frieden sollten von Zivilgesellschaft und Politik angestoßen werden, nicht vom Fußball." Der DFB-Vertreter fügte hinzu, dass Fußball und insbesondere eine Weltmeisterschaft schon von allein "eine kraftvolle Nachricht" vermittelten, weil "junge Athleten" und "Leute aus verschiedenen sozialen Schichten" aufeinandertreffen.
Die FIFA hatte den Friedenspreis erst kürzlich vor einem Monat etabliert. Trump nannte es eine der "größten Auszeichnungen meines Lebens". Zuvor hatte Infantino den US-Präsidenten schon ohne Erfolg für den Friedensnobelpreis nominiert. Kritiker von Trump und Organisationen für Menschenrechte hingegen warfen ein, dass der Präsident keinen derartigen Preis verdiene.
Nach Rettigs Meinung sollte der Deutsche Fußball-Bund den "maßgeblichen Irrtum" des Wettbewerbs in Katar vor dem Hintergrund der anstehenden Debatten zur Lage in den USA als Gastgeberland nicht wiederholen. "Die WM 2022 habe ich ja nur am Rande verfolgt, aber zu jener Zeit ist das von Ihnen genannte Problem in die Mannschaftsräume getragen worden", sagte er bezogen auf die öffentlichen Auseinandersetzungen zum Turnier.
Der DFB plane nicht, "Spielern oder Angestellten vorzuschreiben, ob oder in welcher Form sie zu gesellschaftlich-politischen Fragen Stellung beziehen". Das schließe jedoch nicht aus, "dass wir als Organisation in sportbezogenen oder ethischen Belangen keine Haltung einnehmen", so Rettig: "Allerdings sollten nicht unbedingt jene die öffentliche Meinung kundtun, die anschließend noch 90 Minuten oder länger auf dem Rasen stehen müssen."